Für uns ist die Seefahrt ein Hobby und eine Leidenschaft. Wir sind uns der Gewalt des Meeres bewußt und lieben die Freiheit und die Schönheit des Segelns. Aber wir spielen als Freizeitskipper auf dem Meer nur eine Nebenrolle, denn für sehr viele Menschen ist das Meer der Arbeitsplatz.
Ein Arbeitsplatz, der eigentlich sehr fern unserer Wahrnehmung ist. Es ist für uns selbstverständlich, dass Waren, vom Sneaker bis zum Auto, Rohöl und Lebensmittel den Weg zu uns über das Wasser finden. Ja sogar Schiffe werden von anderen Schiffen Huckepack genommen. 90 Prozent des globalen Handels erfolgen über den Seeweg. Das sind neun Milliarden Tonnen Waren, die jedes Jahr mit 90.000 Schiffen transportiert werden. 1,65 Millionen Seefahrende sind so beschäftigt. Dazu kommt noch die Fischerei, der Personentransport, die Marine und Nebendienstleister wie Lotsen, Schlepper oder die Seenotrettung.
Die See ist ein sehr harter und berüchtigter Arbeitsplatz und dafür Personal zu finden, war in früheren Zeiten nicht immer einfach. Shanghaien nannte man die Praxis der gewaltsamen Rekrutierung von Seeleuten. Presskommandos durchkämmten in den Häfen Kneipen und Bordelle auf der Suche nach Opfern, die sie mit Alkohol, List oder Gewalt zum Dienst auf Schiffen zwangen. Berüchtigte Häfen waren London, Portland, Hamburg und eben auch der wichtigste ostasiatische Hafen Shanghai.
Man sollte annehmen, dass solche Methoden in das Reich der Geschichte gehören. Seit 2013 ist die MLC, die Maritime Labour Convention (Seearbeitsübereinkommen) in Kraft, das weltweit die Mindeststandards für Beschäftigte auf See, vom Matrosen bis zur Servicekraft auf einem Kreuzfahrtschiff regelt. Dennoch klagt die Internationale Transportarbeitergewerkschaft ITF über krasse Missstände. Verzögerte Lohnzahlungen, schlechter Proviant an Bord, zu wenig Wasser, mangelnde Sicherheistsstandards oder verweigerter Landgang wurden dokumentiert. Die Aufklärung solcher Missstände ist aber schwierig, da immer die Behörden der Flagge unter welchen das Schiff fährt, zuständig sind. Es gibt Reedereien, die ihre Schiffe unter sogenannten Billigflaggen fahren lassen, um die Kontrollen der Einhaltung der Arbeitsgesetze im eigenen Land zu umgehen. Damit man aber nicht auf einem Seelenverkäufer landet, gibt die ITF folgenden Rat: “Vergewissere dich noch vor der Einstellung, ob für das Schiff, auf dem du anheuern willst, ein Vertrag gilt, der sichere Beschäftigungsbedingungen gewährleistet.”. Und man kann unter Eingabe der MMSI Nummer auch Daten zu dem Schiff finden, das als Arbeitsplatz dienen soll.
Ein Handelsschiff zur See unter österreichischer Flagge wird man hier allerdings vergeblich suchen, denn die Zulassung eines solchen ist in Österreich seit 2012 nicht mehr möglich. Und somit hat wohl auch der Paragraf 10 des Kollektivvertrags für Arbeiter und Angestellte der Österreichischen Hochseeschiffahrt seine Gültigkeit verloren. Neben der Heuer, der Arbeitszeit und dem Urlaubsanspruch ist dort auch an das leibliche Wohl der Seeleute gedacht: “Als Verpflegung sind allen Seeleuten gutes, nahrhaftes und schmackhaftes Essen in ausreichender Menge kostenlos zu geben. Für Abwechslung in der Speisefolge ist Sorge zu tragen und auf die jeweiligen klimatischen Verhältnisse auszurichten.”.
Dafür war in der Besatzungsliste vorgesehen, dass sich ein kochkundiger Bediensteter an Bord befindet. Sicher nicht ganz grundlos.
mar