1507 traf der deutsche Kartograf Martin Waldseemüller eine äußerst nachhaltige Entscheidung. Er erstellte eine neue Weltkarte und als kritischem Wissenschafter war ihm nicht entgangen, dass sich die Welt verändert hatte. Oder besser gesagt, dass man von der Welt bisher ein nicht ganz realistisches Bild hatte. Die Europäer hatten einen Kontinent entdeckt, den sie bisher noch nicht kannten, Waldseemüller zeichnete diesen als erster in seine Weltkarte ein und nannte ihn America.
1492 landete Christoph Columbus auf seiner ersten Entdeckungsreise in der Karibik und gilt seither als der Entdecker Amerikas. Heute wird Columbus nicht mehr nur als der heroische, visionäre Seefahrer gesehen, sondern auch als Wegbereiter von Versklavung, Gräueltaten und einem Genozid an der indigenen Bevölkerung. Columbus war jedoch selbst immer der Ansicht, nicht einen neuen Kontinent, sondern einen neuen Seeweg nach Indien gefunden zu haben.
Die Erkenntnis, dass es sich um die Entdeckung eines neuen Kontinents handelt, erlangte erst der in Florenz geborene Seefahrer Amerigo Vespucci, der zwischen 1497 und 1503 weite Teile Südamerikas erforschte. Und Waldseemüller nannte den neuen Doppelkontinent auf seiner Seekarte dann auch nach Vespuccis Vornamen, America. Amerigo Vespucci gab den Berichten über seine Forschungsreisen bezeichnenderweise den Titel ” Mundus Novus” — Neue Welt.
Doch den Boden dieser Neuen Welt hatten schon viel früher andere Europäer betreten. Der um 970 geborenen Isländer Leif Erikkson fuhr Richtung Westen und erreichte in Neufundland das amerikanische Festland. Archäologische Fundstücke, die eindeutig von Wikingern stammen können das belegen. Und durch ein historisches Naturereignis, den Sonnensturm von 992, wurde nun das Datum sehr genau eingegrenzt. Der Sonnensturm läßt sich nämlich mittels Radiokarbonanalyse in den Jahresringen gefundener Holzteile nachweisen. Und da sich der Sonnensturm 29 Jahresringe vor der Rinde manifestiert hat, läßt das den Schluss zu, dass die Wikinger 1021, also vor genau 1000 Jahren schon in Amerika waren. Vermutlich drangen sie vom Norden kommend bis nach New York vor.
Aber das ist vermutlich auch nicht der letzte Stand der Geschichtsforschung, denn unser Blick in die Vergangenheit ist einem ständigen Wandel und Paradigmenwechsel untworfen. Christoph Columbus ist inzwischen nicht nur wörtlich sondern auch in Realität vom Sockel der Denkmäler gestoßen worden. Nach Amerigo Vespucci wurde nicht nur ein Kontinent, sondern eine Pflanzengattung, ein Segelschulschiff der italienischen Marine und der Flughafen von Florenz benannt. Und Martin Waldseemüller wurde 2021 mit dem Waldseemüller Rock, einem 136 Meter langer und 53 Meter breiter Klippenfelsen bei den Südlichen Shettlandinseln, ein Denkmal gesetzt.