ist der beste tag um über das meer nachzudenken

Der Lenz ist da

Seit 21. März ist laut Kalender offiziell Frühling. Nur irgendwas scheint da nicht zu stimmen, denn statt Vogelgezwitscher klirrt die Kälte.

Und wir sin­gen gar nicht tral­la­la. Im Gegen­teil, seit fünf Tagen ist offi­zi­ell Früh­ling, doch die Win­ter­ja­cke leis­tet noch ihren Dienst. Irgend­was hat da nicht so rich­tig funk­tio­niert, denn eigent­lich müss­ten ja nun die Früh­lings­ge­füh­le zu spü­ren sein und die Vor­freu­de auf den ers­ten Törn soll­te sich einstellen.

Aber nichts davon ist zu spü­ren. Draus­sen ist es eisig kalt und die Win­ter­de­pres­si­on sitzt uns fest im Nacken. Bei so einem Wet­ter trös­tet einen ja nicht ein­mal mehr der Gedan­ke dar­an, an Bord zu sein. Aber war­um ist der Früh­ling, dem wir seit dem Kran­ter­min im Herbst ent­ge­gen­fie­bern, nicht da, wo er doch nach­weis­lich schon begon­nen hat? Haben wir heu­er nur Pech? Ist bei der Erd­er­wär­mung etwas falsch gelau­fen? Oder gibt es seit dem Kli­ma­wan­del kei­nen Früh­ling mehr?

Ver­mut­lich nichts davon, denn ich kann bele­gen, dass der Früh­lings­an­fang ja nie das gebo­ten hat, was er ver­spro­chen hat. Ich habe genau 8 Tage nach dem Früh­lings­an­fang Geburts­tag und jedes Jahr erzählt mir mei­ne Mama die Geburts­tags­ge­schich­te. “Als du auf die Welt gekom­men bist, da hat es so geschneit, das kannst du dir gar nicht vor­stel­len. Zen­ti­me­ter­gro­ße Flo­cken sind vom Him­mel gefal­len und alles war weiß ver­schneit.” Obwohl ich also ein Früh­lings­kind bin, herrsch­te bei mei­ner Geburt tiefs­ter Win­ter. Dass das mit dem Früh­ling nicht so ganz klappt, hängt nun einer­seits damit zusam­men, wel­che Zeit man als Früh­ling bezeich­net und ande­rer­seits, was wir uns erwarten.

Der Früh­ling ist ja ein­fach betrach­tet eine der vier Jah­res­zei­ten und nach­dem das Jahr 12 Mona­te hat, dau­ert jede Jah­res­zeit 3 Mona­te. Und weil der Win­ter am 1. Novem­ber beginnt, ist meteo­ro­lo­gisch gese­hen der 1. März der Früh­lings­be­ginn. Mit die­ser Defi­ni­ti­on wol­len uns die Meteo­ro­lo­gen aber wohl verhöhnen.

Gemein­hin wird der Früh­lings­be­ginn nach den astro­no­mi­schen Jah­res­zei­ten fest­ge­legt. Die­se erge­ben sich dar­aus, dass sich die Erde in einem Jahr um die Son­ne dreht, die Erd­ach­se aber schräg auf der Umdre­hungs­ebe­ne steht und so je nach Fort­schritt in der Son­nen­um­run­dung mehr oder weni­ger Son­nen­licht auf die Erd­ober­flä­che trifft. Den kür­zes­ten Tag haben wir zu Win­ter­be­ginn, den längs­ten zu Som­mer­be­ginn. Zu Herbst- und Früh­lings­be­ginn sind Tag und Nacht gleich lang. Aber auch das hilft uns nicht wei­ter, denn nur weil die Tage nun um ein paar Minu­ten län­ger wer­den als die Näch­te, heißt das mit­nich­ten, dass die Segel­sai­son schon begon­nen hat. 

Am ver­nünf­tigs­ten ist es also, wir gehen die Sache lang­sam an, ver­ges­sen den Kalen­der und rich­ten unse­ren Blick auf die Natur. Für die Natur gel­ten näm­lich die phä­no­me­no­lo­gi­schen Jah­res­zei­ten und derer gibt es gleich 10. Für die Pflan­zen und Tie­re beginnt mit Anfang März der Vor­früh­ling, dann kommt der Erst­früh­ling, gefolgt vom Voll­früh­ling. Im Vor­früh­ling dür­fen wir also noch vor dem war­men Ofen sit­zen und in den Aus­rüs­tungs­ka­ta­lo­gen stö­bern. Im Vor­früh­ling dür­fen wir dann schön lang­sam unse­re Yacht aus dem Win­ter­la­ger holen und vom Staub befrei­en. Und im Voll­früh­ling müs­sen wir schon dar­auf ach­ten, dass wir genug Son­nen­schutz an Bord haben.

Denn auch wenn Sero­to­nin, Östro­gen und Tes­to­ste­ron im Lenz an Fahrt auf­neh­men, dau­ert es lei­der noch etwas bis Woll­müt­ze und war­me Socken im Schapp ver­schwin­den dür­fen. Doch einen Tag muss man sich ganz dick im Kalen­der anstrei­chen. Am 21. Juni beginnt der Som­mer und dann  kön­nen wir garan­tiert den längs­ten Tag des Jah­res genies­sen. Das ist dann die schöns­te Zeit für uns Seg­le­rIn­nen, wenn die Tage auf dem Meer schein­bar nicht mehr enden wollen.

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