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The Sailor, 2021

The Sailor ist ein ergreifender, melancholischer, durch und durch herausragender und höchst sehenswerter Film. Der Film erzählt aber nicht nur die Geschichte eines Mannes, der nahezu sein ganzes Leben auf See verbracht hat, sondern vermag auch tief in essenziellen Fragen des Lebens wie Liebe, Freiheit, Sucht oder Tod einzudringen.
  • Erschei­nungs­jahr: Slo­wa­kei, 2021
  • Län­ge: 80 Minuten
  • Regie: Lucia Kašová
  • Kame­ra: Mar­tin Jurči
  • Musik: Mar­tin Turčan
  • Dar­stel­ler: Paul Erling John­son und Protagonisten

“When a sail­or can’t go on any­mo­re he sets out for his final voya­ge, never to return. “, mit die­sem State­ment in wei­ßer gerad­li­ni­ger Schrift auf schwar­zem Hin­ter­grund, umrahmt nur vom Rau­schen der Wel­len,  wer­den wir für 80 Minu­ten in das Leben des 80-jäh­ri­gen Paul Erling John­son gewor­fen. Was folgt, ist ein ergrei­fen­der, melan­cho­li­scher, durch und durch her­aus­ra­gen­der und höchst sehens­wer­ter Film. The Sail­or erzählt aber nicht nur die Geschich­te eines Man­nes, der nahe­zu sein gan­zes Leben auf See ver­bracht hat, son­dern ver­mag auch tief in essen­zi­el­len Fra­gen des Lebens wie Lie­be, Frei­heit, Sucht oder Tod einzudringen.

Die Idee zu ihrem ers­ten Lang­film hat­te die slo­wa­ki­sche Regis­seu­rin Lucia Kašo­vá, als sie vor etwa 10 Jah­ren in der Kari­bik auf eine Gemein­schaft von sea gip­sies stieß, Seg­le­rIn­nen, die ihr Päs­se weg­ge­wor­fen hat­ten und kei­ne Natio­nal­flag­ge füh­ren, da ihre ein­zi­ge Hei­mat das Meer und ihr Schiff gewor­den ist. Von da an wuß­te sie, dass sie dar­über einen Doku­men­tar­film dre­hen wür­de. Als sie eini­ge Jah­re spä­ter Paul John­son auf einer klei­nen kari­bi­schen Insel in einem Minis­u­per­markt traf, wuß­te sie, dass er der Prot­ago­nist ihres Fil­mes sein wird..

Von der Vor­stel­lung, dass John­son der Pro­to­typ eines Seg­lers ist, wie es uns der Film­ti­tel ver­mu­ten läßt, müs­sen wir uns recht bald ver­ab­schie­den. Zwar hat er über 40 Mal den Atlan­tik über­quert und war ein erfolg­rei­cher Yacht-Desi­gner, aber um sei­ne Leis­tun­gen geht es hier nicht. Viel­mehr wird uns die Geschich­te von einem ein­sa­men Mann erzählt, dem die per­sön­li­che Frei­heit über alles geht und der sein Leben ego­is­tisch gelebt hat, ohne Rück­sicht­nah­me auf die Frau­en, die ihn ein Stück des Weges beglei­tet haben. Nicht ein­mal die Exis­tenz von Kin­dern, konn­te an sei­nem Leben als ewi­gem Streu­ner etwas ändern.

Die vir­tuo­se Kame­ra von Mar­tin Jurči nimmt uns am Beginn gleich mit Paul John­son mit.  Ein alter, müde wir­ken­der Mann mit aus­ge­bleich­ten blon­den Locken rudert uns auf sei­ne Ketch Che­rub, die der Haupt­dreh­ort des Fil­mes ist. Die Kame­ra geht nahe an John­sons Hän­de her­an und wir sehen dass sei­ne Hand­grif­fe zwar per­fekt geübt sind, aber nun schwer fal­len. Sowohl John­son als auch Che­rub geben ein ver­leb­tes Bild ab. Der Blick streift über die traum­haf­te kari­bi­sche Land­schaft und folgt dann der Anker­ket­te, die schon star­ken Bewuchs auf­weist. Ein Zei­chen dafür, dass John­son schon län­ger hier gestran­det ist und ihm die Mög­lich­kei­ten und die Kraft feh­len, sei­nem mitt­ler­wei­le vom Alko­hol gezeich­ne­ten Leben eine Zukunfts­per­spek­ti­ve zu geben.

Es dau­ert nicht lan­ge und die Bil­der zie­hen uns in das Leben von Paul John­son hin­ein und er beginnt aus dem Off zu erzäh­len: “In this moment of my life I would actual­ly be very hap­py to just stop.I have had enough. I’ve been riding storms and being sil­ly and I have ter­ri­fied mys­elf for years.”. Sein Leben brei­tet sich nach und nach vor uns. Es ist bemer­kens­wert, dass ein bio­gra­fi­scher Film so intim und gleich­zei­tig so respekt­voll wur­de. Die Kame­ra lie­fert uns lie­be­vol­le Nah­auf­nah­men von John­sons Kör­per und sei­nem Schiff, geht wie­der in die Tota­le, zeigt die Schön­heit der Land­schaft ohne vor­zu­ge­ben, das hier sei das Para­dies. Das Licht ist von unglaub­li­cher Wär­me und trotz der sicht­li­chen Trau­rig­keit der Situa­ti­on gibt es Paul John­son eine gro­ße Wür­de, wäh­rend er scho­nungs­los offen über sich redet. Aber das Leben steht in dem Moment nicht still, wir beglei­ten ihn an Land, man küm­mert sich um ihn, in der Bar im Super­markt. Er bekommt Hil­fe bei der Repa­ra­tur sei­nes Motors. Ein Hur­ri­can droht und mit gemein­sa­mer Hil­fe wird John­son mit sei­ner Che­rub in eine siche­re Neben­bucht gebracht.

Das Leben auf der Insel nimmt sei­nen Lauf und Paul John­son schafft es noch­mals, den Anker zu lich­ten und die roten Segel zu set­zen. Sei­ne Haa­re und sein Bart wehen im Wind und er wirkt, beglei­tet von sphä­ri­schen Musik für einen kur­zen Augen­blick wie Posei­don selbst.