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Fitzcarraldo, 1982

Der Trailer zu Fitzgerald bringt es auf den Punkt: Ein Film, den nur Werner Herzog machen konnte. Klaus Kinski zu bändigen, einen Flussdampfer über einen Berg zu ziehen und dann die Stromschnellen hinunter zu jagen, ergibt ein Meisterwerk von unglaublich dichten Bildern.

Mit Fitz­car­ral­do hat Wer­ner Her­zog eine fil­mi­sche Legen­de geschaf­fen und Klaus Kin­ski die Rol­le eines Exzen­tri­kers nahe am Wahn­sinn auf den Leib geschrie­ben. Der Film ist ein her­aus­ra­gen­des Werk: episch, hoch­span­nend, grenz­wer­tig. Geprägt wird der Film von drei zen­tra­len Span­nungs­bö­gen: die Geschich­te um Fitz­car­ral­do, der im Urwald eine Oper bau­en will und um das Geld dafür zu beschaf­fen, ein wag­hal­si­ges Unter­neh­men angeht. Die Figur Fitz­car­ral­do selbst, gran­di­os inter­pre­tiert von Klaus Kin­ski. Ein exzen­tri­scher Grenz­gän­ger,  der sich dar­an macht Ber­ge zu ver­set­zen, um sei­ne Ideen zu ver­wirk­li­chen. Und als drit­tes zen­tra­les, und wohl beein­dru­ckends­tes Leit­mo­tiv, ist der Trans­port des Ama­zo­nas­damp­fers über einen Berg, mit tat­kräf­ti­ger Unter­stüt­zung der Urwald­in­dia­ner. Wer­ner Her­zog selbst sag­te, dass die Sze­ne, als das Schiff über den Berg gezo­gen wird, eine wich­ti­ge Meta­pher ist, er wis­se nur nicht wofür.

Eben­so wie Klaus Kin­ski als Schau­spie­ler ist natür­lich auch Wer­ner Her­zog als Regis­seur ein gewal­ti­ges Erd­be­ben. In Fitz­car­ral­do fin­det sei­ne Her­an­ge­hens­wei­se, mög­lichst sur­rea­le Geschich­ten mit einer maxi­ma­len Por­ti­on Rea­lis­mus am Set zu kom­bi­nie­ren. Auch wenn die Welt sei­nes Prot­ago­nis­ten Fitz­car­ral­do noch so para­dox ist, sie wird fil­misch so umge­setzt, als hät­te sie statt­ge­fun­den. Oder viel­mehr läßt sie Her­zog ein­fach stattfinden. 

Und dass Her­zog kein Mann der Kom­pro­mis­se ist, zeigt die ver­wor­re­nen Ent­ste­hungs­ge­schich­te des Films. Jack Nichol­son war für die Haupt­rol­le zu teu­er. Ein Teil des Films wur­de mit Jason Robards, Mario Adorf und Mick Jag­ger gedreht. Dann wur­de aus orga­ni­sa­to­ri­schen Grün­den die gan­ze Beset­zung umge­krem­pelt. Kin­ski wur­de Fitz­car­ral­do und  die Rol­le des Kapi­täns über­nahm Paul Hit­sch­ler, ein Ham­bur­ger, der sich in Peru mit einem Restau­rant nie­der­ge­las­sen hat­te, nach­dem er lan­ge zur See gefah­ren war.

Her­zog brach­te die Schau­spie­lern offen­bar auch an den Rand der Ver­zweif­lung. Mario Adorf, der in der End­fas­sung nicht mehr dabei ist, bezeich­ne­te Her­zog als grö­ßen­wahn­sin­ni­gen Regis­seur, der das Leben der Schau­spie­ler und Indi­os ris­kie­re. Her­zog warf Adorf Feig­heit vor. Klaus Kin­ski gebär­de­te sich am Set mit so hef­ti­gen Wut­aus­brü­chen, dass die Urein­woh­ner Her­zog vor­schlu­gen, Kin­ski zu besei­ti­gen, wenn Her­zog dies wol­le. Auch mit der Pro­duk­ti­ons­fir­ma Twen­tieth Cen­tu­ry Fox in Hol­ly­wood war Her­zog nicht ganz einig. Dort ging man davon aus, dass ein Modell­schiff im Stu­dio über einen Modell­berg gezo­gen wird. Tat­säch­lich ließ Her­zog  den Ori­gi­nal­nach­bau eines Fluss­damp­fers der Jahr­hun­dert­wen­de, die 40 Meter lan­ge und 160 Ton­nen schwe­re Mol­ly Aida,  mit der Hil­fe von Bull­do­zern über den Berg zie­hen und über die Strom­schnel­len fluß­ab­wärts don­nern. Dafür wur­den zahl­rei­che Bäu­me gefällt, ein Kame­ra­mann riß sich die Hand auf, ein Arbei­ter wur­de von einer gif­ti­gen Schlan­ge gebis­sen und schnitt sich mit der Motor­sä­ge den Fuß ab,  einem Kame­ra­mann wur­de von einer Piran­ha der Zeh abge­bis­sen und sowohl bei einem Flug­zeug­ab­sturz als auch bei einem Angriff der Urein­woh­ner wur­den Mit­glie­der des Teams ver­letzt. Die Zusam­men­ar­beit mit den Urein­woh­nern, Mit­glie­dern der eth­ni­schen Grup­pen der Ashán­in­ka und Ashén­in­ka, Machi­guen­ga und eini­gen weni­gen Yami­nahua und Yin, die in ihrer tat­säch­li­chen Klei­dung spiel­ten und in ihrer Mut­ter­spra­che spra­chen, ver­lief aller­dings sehr gut.

Dass der Film unter die­sen Umstän­den und nach vier­jäh­ri­ger Pro­duk­ti­ons­zeit fer­tig wur­de, grenzt an ein Wun­der. Der Film zeit nicht nur die Geschich­te eines Grenz­gän­gers und Aben­teu­rers son­dern er ist eines der größ­ten Aben­teu­er der Filmgeschichte. 

Und der Film endet mit den Bil­dern einer außer­ge­wöhn­lich poe­ti­schen Open-Air Opern­auf­füh­rung. Fitz­car­ral­do, der wie­der ein­mal alles ver­lo­ren hat, steht  als stol­zer zigar­re­rau­chen­der Opern­im­pres­sa­rio auf sei­ner zer­beul­ten fluß­ab­wärts­fah­ren­der Mol­ly Aida und läßt das berühm­te, vom Chor beglei­te­te Duett „A te, o cara“  aus der Oper I puri­ta­ni von Vin­cen­zo Bel­li­ni aufführen.