die besten filme für yachties – mach deine kajüte zum kino

Le Mépris, 1963

Jean-Luc Godard gehört sicher zu den einflussreichsten und kompromisslosesten Regisseuren des Kinos. Und mit "Le Mépris" haben wir auch ein Meisterwerk im Programm unseres Hafenkinos. Es geht zwar nicht ums Segeln, aber alleine die Aufnahmen rund um die Casa Malaparte auf Capri mit Blick auf den Golf von Neapel sind sensationell.

Le Mépris ist gewiss kein Segel­film, ja nicht ein­mal ein Film über die See­fahrt oder das Meer, aber es gibt 3 sehr gute Grün­de, war­um er bei uns im Hafen­ki­no am Pro­gramm steht. Da wären ein­mal die atem­be­rau­ben­den Land­schafts­auf­nah­men mit der Casa Mala­par­te auf Capri mit Blick auf den Golf von Nea­pel. Wei­ters dreht der legen­dä­re Regis­seur Fritz Lang in einer Rah­men­hand­lung gera­de einen Film über Odys­seus, den Grie­chen, der in der Anti­ke mit einem zehn Jah­re dau­ern­den Segel­törn berühmt wur­de. Und drit­tens ist Le Mépris schlicht­weg mein Lieblingsfilm.

Le Mépris gehört gewiss nicht zu den Kas­sen­schla­gern der Film­ge­schich­te — tat­säch­lich wur­den nicht ein­mal die Pro­duk­ti­ons­kos­ten ein­ge­spielt — da hal­fen auch die Nackt­sze­nen mit Bri­git­te Bar­dot nicht. Aber Jean Luc Godard gelang damit ein zeit­lo­ses Kunst­werk. Godard kann zwei­fels­oh­ne als der wich­tigs­te Res­sis­seur der Film­ge­schich­te bezeich­net wer­den. Nie­mand reiz­te die Gren­zen die­ses Medi­ums so radi­kal aus wie er. Von sei­nen ers­ten Erfol­gen als Ver­tre­ter der Nou­vel­le Vague Ende der 50er-Jah­re bis zu sei­nem, oft unver­ständ­li­chen, Spät­werk der 2000er Jah­re. Bei Godard geht es immer ans Ein­ge­mach­te. Bei Le Mépris sind das die Abgrün­de einer Ehe, der küh­le, ver­ächt­li­che Blick auf das kom­mer­zi­el­le Kino und das kom­ple­xe Ver­hält­nis des Men­schen zu Gott.

Kri­mi­au­tor Paul Javal lebt in Rom und ist mit der schö­nen Camil­le ver­hei­ra­tet. Der ame­ri­ka­ni­sche Film­pro­du­zent Jere­my Pro­kosch dreht gera­de in Cine­cit­tà einen Film über die Irr­fahr­ten des Odys­seus. Regis­seur des Films ist der legen­dä­re Fritz Lang, der sich selbst spielt und sich weni­ger um die Wün­sche des Pro­du­zen­ten küm­mert, als viel­mehr um die Poe­sie und die ästhe­ti­sche Kraft sei­nes Film. Pro­kosch enga­giert Javal um das Dreh­buch umzu­schrei­ben, da er um den kom­mer­zi­el­len Erfolg des sto­cken­den Film­pro­jekts fürch­tet. Pro­kosch hat aller­dings auch ein Auge auf Camil­le gewor­fen, was zu Span­nun­gen zwi­schen dem Paar führt. Bei den Dreh­ar­bei­ten auf Capri, zu wel­chen Camil­le ihren Mann Paul beglei­tet, kommt es schließ­lich zum Bruch. Camil­le gibt den Avan­cen des Pro­du­zen­ten nach und ver­läßt schließ­lich gemein­sam mit ihm das Set Rich­tung Rom und der Film endet in einer Tragödie.

Die Hand­lung ist sprö­de, nahe­zu sim­pel, aber um eine kom­ple­xe Geschich­te scheint es Godard wohl nicht zu gehen. Der damals 33-jäh­ri­ge Regis­seur dreht mit Le Mépris viel­mehr eine tief­grün­di­ge Hom­mage an das Kino. Godard selbst taucht zwei­mal in der Rol­le  des Assis­ten­ten des 40 Jah­re älte­ren Fritz Lang auf. Immer­hin dreh­te Lang mit Metro­po­lis schon ein Meis­ter­werk des Stumm­films, als Godard noch gar nicht das Licht der Welt erblickt hat­te. Bil­der und Kame­ra­füh­rung glän­zen mit Per­fek­ti­on und Ruhe und ver­fol­gen die Schau­spie­ler akri­bisch. Dabei bleibt die Kame­ra immer auf Distanz. Dazu kommt der Film im Film, denn Fritz Lang dreht ja gera­de einen Film und die­se selt­sam abs­trak­ten Sze­nen las­sen ver­mu­ten, dass sich Lang kei­nes­wegs um Hol­ly­woo­d­äs­the­tik küm­mert. Die Dia­lo­ge wir­ken so ent­frem­det wie eine grie­chi­sche Tra­gö­die und der Film ist vol­ler Zita­te. Schon allei­ne Cine­cit­tà im glei­ßen­den römi­schen Licht ist eine melan­cho­li­sche Ver­nei­gung vor dem Medi­um Film. 

Le Mépris läßt also das cine­as­ti­sche Herz ohne Ende höher schla­gen. Das seg­le­ri­sche Herz erreicht er in Minu­te 72, wenn sich das Gesche­hen auf die Insel Capri und die gran­dio­se Casa Mala­par­te ver­legt, wo Fritz Lang Sze­nen für sei­nen Odys­seus dreht. Das Haus wur­de Anfang der 1940er ‑Jah­re für den Schrift­stel­ler Cur­zio Mala­par­te gebaut und thront atem­be­rau­bend auf einem schwer zugäng­li­chen Fel­sen 32 Meter über dem Meer. Die Per­spek­ti­ven, die uns hier Godard auf das Meer, die Archi­tek­tur und die Fel­sen lie­fert, sind ein­fach von per­fek­ter Schön­heit. Und die Ehe zwi­schen Camil­le und Paul zer­bricht unwi­der­ruf­lich zwi­schen der Macht des Mee­res, wie in einer grie­chi­schen Tra­gö­die. In der letz­ten Sze­ne blickt der heim­keh­ren­de Odys­seus über das Meer.

Die berühm­ten Nackt­sze­nen mit Bri­git­te Bar­dot am Anfang des Films ließ der ita­lie­ni­sche Pro­du­zent Car­lo Pon­ti übri­gens nach­dre­hen. Er fürch­te­te, dass der Film das brei­te Publi­kum völ­lig über­for­dern wür­de und hoff­te,  es zumin­dest mit der nack­ten BB ins Kino zu locken. Das gelang aber nicht, aber die­se Iro­nie setzt dem Meis­ter­werk nur noch die Kro­ne auf. Und wie sagt Fritz Lang selbst im Film: “Ein Film­pro­du­zent ist eine Sor­te Mensch ohne die ich sehr gut aus­kom­men kann.”.