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Meuterei auf der Bounty, 1935

Ein Plot, wie er von der historischen Meuterei auf der Bounty vorgegeben wird, ist natürlich prädestiniert für die Leinwand.

Ein Plot, wie er von der his­to­ri­schen Meu­te­rei auf der Boun­ty vor­ge­ge­ben wird, ist natür­lich prä­de­sti­niert für die Lein­wand. Die ers­te Ver­fil­mung des Stof­fes ist von 1916 aus der Stumm­film­zeit und ist lei­der ver­schol­len. 1933 wur­de die Geschich­te mit Errol Flynn in Aus­tra­li­en ver­filmt. Da aber auch Hol­ly­wood gera­de an einem Boun­ty-Film mit Charles Laugh­ton und Clark Gab­le in den Haupt­rol­len arbei­te­te, wur­de die aus­tra­li­sche Pro­duk­ti­on von MGM auf­ge­kauft und kam in den USA nie ins Kino. 1962 mach­te sich Hol­ly­wood mit Mar­lon Bran­do noch­mals an den Stoff. Die­se Pro­duk­ti­on kann, ohne Bran­do zu nahe tre­ten zu wol­len, als Schin­ken bezeich­net wer­den. Auch die auf­wän­di­ge Ver­fil­mung von 1984 mit Mel Gib­son und Antho­ny Hop­kins kön­nen wir nicht 100%ig für das Hafen­ki­no empfehlen.

Was wir aller­dings wärms­tens emp­feh­len kön­nen, ist 85 Jah­re zurück­zu­ge­hen und den epi­schen Film “Meu­te­rei auf der Boun­ty” in der Fas­sung von 1935 auf das iPad zu laden.

Was sich tat­säch­lich am 24. April 1789 auf der HMAV (His Majesty’s Armed Ves­sel) Boun­ty ereig­net hat, lässt sich natür­lich his­to­risch nicht mehr ein­deu­tig rekon­stru­ie­ren. Vor allem haben die zahl­rei­chen Bear­bei­tun­gen des Stof­fes in Kino, Lite­ra­tur und Thea­ter unser Bild von der Meu­te­rei schon stark ver­zerrt. Natür­lich hat auch die Ver­fil­mung von 1935 das ihre dazu bei­getra­gen. Denn eines ist sicher: der Film weicht in vie­len Punk­ten schon erheb­lich von dem ab, was wir über die Meu­te­rei wis­sen. Aber hier geht es ja nicht um einen fak­ten­ge­treu­en Doku­men­tar­film, son­dern um Unter­hal­tung, um gro­ße Ges­ten und ein, von Ste­reo­ty­pen gepräg­tes Hollywood-Kino. 

Ver­ge­gen­wär­ti­gen wir uns die zeit­li­che Dimen­si­on: die Meu­te­rei fand 1789 statt. 146 Jah­re spä­ter wird der Film gedreht und wei­te­re 85 Jah­re spä­ter emp­feh­len wir ihn im Hafen­ki­no. Jeder Film, vor allem die gro­ßen Pro­duk­tio­nen, ist natür­lich ein Kind sei­ner Zeit. Und 1935 gerät die Welt schon ordent­lich aus den Fugen. Der ers­te Welt­krieg ist noch nicht ver­daut, die Welt­wirt­schafts­kri­se hat für viel Leid gesorgt, Dik­ta­tu­ren ent­ste­hen in Euro­pa und die Vor­zei­chen für einen wei­te­ren Krieg sind schon zu erkennen.

Vor die­sem Hin­ter­grund wird ein Stoff ver­filmt, der sehr gut dazu dient, den alten Kampf zwi­schen Gut und Böse, Idea­list und Ego­ist, Macht und Ohn­macht zu the­ma­ti­sie­ren. Und die­se Ste­reo­ty­pen wer­den im Film nicht nur ganz bewußt auf­ge­baut, sie wer­den deut­lich über­zeich­net. Denn Muti­ny on the Bounty ist kein Aben­teu­er­film oder Action-Rei­ßer. Er ist gro­ßes Schau­spie­ler­ki­no. Einer der her­aus­ra­gends­ten Cha­rak­ter­dar­stel­ler aller Zei­ten, Charles Laugh­ton, ver­kör­pert den gemei­nen, unmensch­li­chen Kapi­tän Wil­liam Bligh. Und einer der umschwärm­tes­ten Stars Hol­ly­woods, Clark Gab­le, mimt den edlen zwei­ten Offi­zier Flet­cher Chris­ti­an. Hier steht also nicht nur nie­der­träch­tig gegen tugend­haft, son­dern häß­lich gegen schön. Nie­mand kann einen so bösen Blick wer­fen, wie Laugh­ton und nie­mand so strah­lend lächeln wie Gab­le. Und neben der für sei­ne Zeit sehr spek­ta­ku­lä­ren Kame­ra­füh­rung und Schiffs­sze­nen fes­seln uns immer wie­der die ein­dring­li­chen Nah­auf­nah­men der bei­den Kon­tra­hen­ten, die aus­drucks­star­ken Ges­ten fes­seln. Das ist kein Wun­der, denn der Regis­seur Frank Lloyd hat­te in der Pio­nier­zeit Hol­ly­woods schon zahl­rei­che Stumm­fil­me gedreht und die Lek­ti­on, Ein Bild sagt mehr als tau­send Wor­te, per­fekt gelernt.

Und Frank Lloyd ist ein Meis­ter im Auf­bau von Cha­rak­te­ren in der Zuspit­zung eines Kon­flikts. Immer wie­der ser­viert er uns den grau­sa­men Kapi­tän, sei­ne Roh­heit und sei­ne Lügen und den ver­ständ­nis­vol­len und empha­ti­schen zwei­ten Offi­zier, in sei­nem Kampf zwi­schen Gehor­sam zur Kro­ne und Wider­stand gegen den Kapi­tän. Bis es zum end­gül­ti­gen Show­down mit der Meu­te­rei kommt. Das Gute hat gesiegt. Aber das ist erst der zwei­te Akt, denn im drit­ten Akt kom­men plötz­lich Zwei­fel an den so sorg­sam gepfleg­ten Ste­reo­ty­pen auf. Bligh bekommt mensch­li­che Züge, als er sich und sei­ne Getreu­en ohne aus­rei­chen­den Pro­vi­ant mit dem Bei­boot, durch Sturm und Flau­te ret­ten kann. Chris­ti­an hin­ge­gen bekommt Zwei­fel dar­an, ob es rich­tig war, sei­ne Getreu­en zu kri­mi­nel­len Meu­te­rern zu machen. Er wird zum ewi­gen Gejag­ten. Dass hier weder Gut noch Böse siegt, gehört zu der gro­ßen Qua­li­tät des Fil­mes. Letzt­end­lich sind ja bei­de nur Prot­ago­nis­ten im Sys­tem der Roy­al Navy und es ist die­ses Sys­tem, das es zu hin­ter­fra­gen gilt.

Und die­sem Sys­tem steht im Film auch ein deut­li­cher Gegen­pol gegen­über: Hiti­hi­ti, der König von Tahi­ti. Er ist sanft, wei­se und beschei­den. Auf Tahi­ti wird die Mann­schaft wie im Para­dies emp­fan­gen und mit gro­ßer Gast­freund­schaft und  Lie­be über­schüt­tet. Natür­lich ist die nai­ve Dar­stel­lung der Tahitia­ner genau so unrea­lis­tisch und ste­reo­typ wie das Leben an Bord der Boun­ty. Aber wenn zum Schluß einer gewon­nen hat, dann ist es Hiti­hi­ti. So muß ein König sein!

Hol­ly­wood betrieb für die Zeit einen gro­ßen Auf­wand um die Boun­ty in Sze­ne zu set­zen. MGM kauf­te den Zwei­mast­scho­ner Lily, ließ ihn umbau­en und eine see­tüch­ti­ge 1:1 Kopie anfer­ti­gen. Und die Lis­te der Dreh­or­te ist nicht min­der beein­dru­ckend: MGM Stu­di­os,  Poly­ne­si­en, Mon­terey Bay, Mon­terey Har­bor,  San Miguel Island, San­ta Bar­ba­ra Chan­nel, Chan­nel Islands, San­ta Cata­li­na Island, South Beach Har­bor, Süd­pa­zi­fik, Tahi­ti. Und der Auf­wand wur­de von der Kri­tik gefei­ert: “Hol­ly­wood at its very best.”, “This is one of the most important pro­duc­tions sin­ce the incep­ti­on of tal­king pic­tures.”, “Metro-Gold­wyn-May­er has given it the kind of pro­duc­tion a gre­at sto­ry deser­ves.

Dass der Dra­ma­tur­gie wegen dabei eini­ges an his­to­ri­scher Fak­ten geop­fert wur­de , gehört eben zum Geschäft. Kiel­ho­len war zu die­ser Zeit nicht mehr Usus und wur­de an Bord der Boun­ty nicht prak­ti­ziert. An Bord star­ben ins­ge­samt zwei Besat­zungs­mit­glie­der, der Schiffs­arzt erlag den Fol­gen sei­ner Alko­hol­sucht und ein Matro­se starb an einer Lun­gen­ent­zün­dung. Daß die Matro­sen in Ket­ten gelegt wur­den, fand in Rea­li­tät nicht statt und bei der Meu­te­rei wur­de nie­mand getö­tet. Auch mach­te sich Bligh nicht selbst auf die Jagd nach Christian. 

Ein Detail stimmt aber: in der  Roy­al Navy waren Bär­te nicht erlaubt und die Besat­zung hat­te glatt rasiert zu sein. So muß­te Clark Gab­le lei­der sei­nen fan­tas­ti­schen Schnurr­bart für die Rol­le opfern.